Es ist wie bei einer Orchidee. Mit viel Hoffnung warten wir auf die nächste Blumenpracht. Letztes Jahr war sie doch so voller Blüten. Wann blüht sie endlich wieder? Jede Woche baden wir sie behutsam im Waschbecken. Reden ihr gut zu. Wie lange will sie sich noch Zeit lassen? Wir werden ungeduldig, beachten sie eine Weile nicht, ignorieren sie und plötzlich, wie aus dem nichts trägt sie eine Blüte.
Mein Blog gleicht zurzeit einer Orchidee. Über Tage, ja Wochen kein Eintrag. Aber jetzt! Was macht die Orchidee wenn sie nicht blüht? Genau, sie kümmert sich um ihre Wurzeln. Ich mache es ihr gleich. Meine Wurzeln, mein Halt, meine Mama ist da. Ich versuche so wenig wie möglich mich mit dem Handy oder dem Computer abzugeben. Und ich weiss, ihr, liebe LeserInnen versteht dies! Danke.
Sitze in der Kandal Village mitten in Siem Raep im Königreich Kambodscha’s in einem runtergekühlten Café. Ein paar Hundert Meter entfernt von Ankor Wat. Doch dazu später mehr.
Erst möchte ich euch von einem exotischen, geheimnisvollen Land erzählen. Bühne frei für Vietnam.
Das Land ist geprägt durch die traurige Geschichte vom Vietnamkrieg. Bekannt durch die Rambo-Filme mit Sylvester Stallone. Und unglaublich schön durch die vielfältige Natur.
Vor fünf Jahren radelte ich vom Süden in den Norden. War damals in Hanoi ziemlich in Zeitnot. Visa noch ein Tag gültig, husch husch habe ich den Bus bis zur
laotischen Grenze genommen. Heute bin ich ohne Zeitdruck unterwegs. Heute bin ich mit Mama unterwegs.
Wir schippern durch die Halong Bay und blicken bei Nacht auf dem Sonnendeck unseres Kutters zum Himmel hoch. Der Vollmond scheint ganz hell. Das Schiff dreht langsam und sanft hin und her. Jede
Viertelstunde, scheint es, streife der Mond die Leiter zum Segel-Hauptmast, als würde er hochklettern. Eigentlich heisst es ja DIE Mond. La Luna. Die Mond begleitet mich stetig. Übernachte ich im
Zelt, schaue ich immer noch einmal hoch, blinzle ihm zu, schicke die besten Wünsche für meine Liebsten mit. Ach übrigens, meine Schutzengel die haben’s jetzt auch ein bisschen ruhiger und sie
sind in bester Gesellschaft. Sie tanzen und plaudern mit denen von Mama zusammen. Mich freuts!
Zurück in Hanoi peilen wir die erste Pho an. Das Nationalgericht. Pikante Reissuppe mit Reisnudeln, Gemüse und ordentlich gewürzt, Chili, Koriander, Fischsauce,
Limettensaft, fertig. Pho geht immer. Zum Frühstück, zum Nachtessen, als Snack. Wir lieben das quirlige Hanoi und Mama natürlich den vietnamesischen Kaffee. Sie ist ein richtiger Kaffee-Junkie,
zumindest hier. Zuhause trinkt sie immer Kamillentee, wie langweilig. Ich glaube sie mag die Kondensmilch!! Da sie keine Ansprüche hat, wie zB. einen Privatfahrer oder nur beste Hotels ist es für
mich sehr angenehm mit ihr zu reisen. Ihre Neugier ist grandios. So verfrachten wir uns in den «Luxury VIP Sleepingbus». Er ist zwar heruntergekommen und ein wenig kaputt. In der Bordtoilette
wird Gepäck gelagert und die Gänge zum Schlafen zusätzlicher Passagiere genutzt. Völlig normal. Wahnsinnige Überholmanöver inklusive. Wir sind, so glaube ich zumindest auf dem Highway, gleicht
aber eher einer Dorfstrasse bei uns. Acht Stunden hoch in den Norden. Wir nehmen’s gelassen und freuen uns auf Sapa. Unser Fahrer gibt ordentlich Gas und wir sind eine Stunde zu früh. 04:00 Uhr.
Wir warten eine Stunde im Bus und können endlich ein wenig schlafen. Wir wollen heute ein leichtes Trekking machen durch die Reisterrassen.
Dinh, unsere Führerin holt uns ab. Sie lebt hier in einem Bergdorf mit ihren drei Kindern. Sie sind komplett Selbstversorger und zwischendurch führt sie Touristen durch diese Region. «Guten
Morgen Dinh, wir freuen uns riesig hast Du Zeit!». «Schön seid ihr hier, esst jetzt erst einmal Frühstück, dann wollen wir los, gemütlich laufen wir heute fünf Kilometer und besuchen die Dörfer,
ich habe euch vieles zu erzählen». Die ersten paar Meter haben es in sich. Steil Bergauf auf einem schmalen, steinigen Pfad. Sofort denke ich an den Great Himalaya Trail. Schon bald darf ich die
ersten Schritte auf diesem langen Pfad machen. Die Vorfreude aber auch der Respekt wächst täglich. Es tut gut Bergauf zu laufen. Herrlich.
Die Menschen lachen uns zu. Ein Winken hier, ein lautes «hellooooo» dort. Sie sehen ganz anders aus, ihre Gesichtszüge erinnern mich an die Tibeter. Das Leben hier ist hart. Die Bergvölker rund um Sapa gehören zu den ärmsten Menschen im Lande. Gegen Mittag machen wir eine erste Pause. «Dinh, sag mal, waren das jetzt erst fünf Kilometer?» «oh, ich glaube wir sind schon 10 gelaufen, schön hier gell? Gehen wir weiter, ich möchte euch noch mein Dorf zeigen». Sie lebt dort in einer Holzhütte mit ihrer Familie, den Grosseltern und ihrer Schwester auf kleinstem Raum. Fliessend Wasser gibt es nicht. Das Gelände super steil.
Nach über 20 Kilometern, und vielen, vielen Eindrücken finden wir ein hübsches, einfaches Homestay für die Nacht. Es kühlt ordentlich ab, bis auf 15° Grad. Brr, aber die schwere Schafwolldecke wärmt. Ihr seid euch wohl andere Temperaturen gewohnt? Wäre ich jetzt in der Schweiz würde ich in kurz Hosen und T-Shirt ein Schneebad nehmen. Kann mir die Kälte gar nicht mehr vorstellen, würde mich aber schnell wieder mit Frau Holle anfreunden.
Der Haushund weckt uns mit seinem bestimmten Bellen. Zeit zu gehen. Nach einem halben Tag Fussmarsch erreichen wir wieder Sapa. Danke Dinh, Du hast uns erneut
gezeigt, wie wenig es braucht um glücklich zu sein. Du hast uns bewusst gemacht wie gut es wir haben.
Heute ist glaube ich Weihnachten.
Tatsächlich packt Mama zwei Kerzli aus und bastelt ein kleines Bäumchen aus Papier. Lustig. Dazu gibt es frische Wassermelonen und eine Ananas. Schon sitzen wir im nächsten Bus zurück nach Hanoi. Was wir in den nächsten Tagen alles erlebt haben kann ich gar nicht zu Blatt bringen. Eine wilde Zugfahrt. Der Nationalpark Phong Nha-Ke Bang. Hier haben Forscher die grösste Höhle der Welt entdeckt, wir haben zwei kleinere (31km lang!) besucht, und gestaunt. Was die Natur hier geschaffen hat, hat mich damals wie heute einfach überwältigt. Mit dem Boot schipperten wir auf einem unterirdischen Fluss entlang Meterhohen Stalagmiten und Stalaktiten. Noch heute werden hier neue Höhlen entdeckt.
Wir besuchten die verbotene Purpurstadt in Hue, schlenderten dem Parfumfluss entlang und beobachteten über Stunden das bunte Markttreiben. Ein obligater
Zwischenstopp machten wir auf dem Wolkenpass. Das musste ich Mama einfach zeigen.
Silvester feierten wir in der Perle Vietnams. Hoi An! Wir lieben das Städtchen mit den vielen Laternen und der historischen Altstadt. Die einzige Stadt, die im Vietnamkrieg nicht komplett
zerstört wurde. Ach ich könnte noch lange schwärmen über das Städtchen.
Aber die laute, schrille und rieeesige Stadt Ho Chi Minh mit ihren 10 Millionen Menschen und 7 Millionen Mopeds wartete auf uns. Der französische Architekt Gustave Eiffel hat hier das Postgebäude errichtet. Klar, wir bestaunen es aber Post ist Post und an einem der 38 Schalter kaufen eine Marke. So!
Vietnam hat uns stark beeindruckt! Definitiv eine Reise wert…oder eben auch zwei ;)
Wisst ihr was? Über Ankor Wat erzähle ich euch morgen mehr.
Die Klimaanlage bläst hier immer kühler, ich glaube es ist mittlerweile 16° Grad hier drinnen, also raus an die angenehmen 35° Grad!
Liebe Grüsse
Euer Thesi
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Bernadette (Samstag, 12 Januar 2019 19:16)
Eine wunderbare, bezaubernde Blüte hast du, liebe Maria-Theresia, wiederum zum Florieren
gebracht! - Du erzählst von Vietnam so lebhaft, so interessant! In Gedanken sehe ich dich und deine Mama in einem Garten Eden! Die Kilometer-Wahrnehmung von Frau Dinh ist herrlich, sie scheint in einer ganz persönlichen Längeneinheit zu denken. Weisst du übrigens: Du bist heute genau 9029 km von uns entfernt und für jeden neuen Reisekilometer wünsche ich dir neue 1000 Glückssterne, weiterhin alles Liebe und Gute! Danke für deinen schönen Bericht – sei ganz lieb gegrüsst und umarmt
Bernadette
Seelenreise (Montag, 14 Januar 2019 18:36)
Liebe Maria-Theresia,
Danke für den wunderbaren Bericht aus der Wärme.
Wir haben inzwischen Schneemassen wie seit 20 Jahren nicht mehr. In den Alpen herrscht zur Zeit die höchste Stufe Lawinengefahr. Aber es ist, trotz den Gefahren, eine schöne Pracht.
Herzlich, Heidi